Schreib jetzt ... zu Hause
Auch in herausfordernden Zeiten wie zum Beispiel der Corona-Pandemie kann − und muss − akademisches Schreiben gelingen. Das Schreibzentrum hilft Ihnen mit konkreten Tipps, an Ihrem Schreiben dran zu bleiben und Ihre Schreibprojekte und Schreibaufgaben voranzubringen. Dazu haben wir für Sie während der Zeit der Uni-Schließung im Jahr 2020 kurze Beiträge mit nützlichen Schreibtipps und -erfahrungen verfasst, die aber auch über die akute Phase des Shut-Downs hinaus hilfreich sein können.
Mit diesen Texten möchten wir Sie als Haus-, BA-/MA-Arbeit-Schreibende oder als Promovierende dabei unterstützen, Ihre aktuellen Schreibaufgaben erfolgreich und möglichst stressfrei zu bewältigen. Unter anderem mit folgenden Fragen haben wir uns in den Texten auseinandergesetzt: Wo kann ich zu Hause am besten schreiben? Was mache ich ohne Bibliothek? Wie kann ich trotz vielfältiger neuer Aufgaben Schreibzeiten retten? Ist Schreiben mit Kindern zu Hause überhaupt möglich? Welche analogen und digitalen Instrumente können mich beim Schreiben unterstützen? Wie schaffe ich es, meine Motivation hoch zu halten? Etc. etc.
Wir wünschen eine anregende Lektüre!
#1: Schreibräume schaffen – an unterschiedlichen Orten und mit kleinen Ritualen
Homeoffice ist wahrscheinlich kein Fremdwort für Sie, aber jetzt müssen Sie diesen Raum mit der ganzen Familie teilen oder aber Ihr Lieblingsschreibort – die Bibliothek – ist auf unabsehbare Zeit geschlossen. Hier finden Sie ein paar Anregungen und Hilfsangebote, wie Sie trotzdem einen Raum zum Weiterschreiben für sich finden können.
Experimentieren Sie mit möglichen Schreiborten
Zunächst gilt es zu überprüfen, ob Ihr favorisierter Schreibort zu Hause Ihnen weiterhin für ein paar Stunden in der Woche zur Verfügung stehen kann. Das erfordert gewiss Absprachen, aber es lohnt sich, weil Sie Ihre Schreibgewohnheiten an diesem Ort schnell werden reaktivieren können. Gehen Sie auch durch Ihre Wohnung und suchen Sie ganz bewusst nach möglichen Schreiborten: Wo können Sie sich vorstellen, in den nächsten Wochen zu lesen und zu exzerpieren? Wo ist genug Platz, wenn Sie Ihre Gliederung oder Ihre Texte zum Überarbeiten vor sich ausbreiten möchten? Wo könnten Sie mit Ihrem Computer zum Fertigschreiben der Rohfassung sitzen? Diese besondere Zeit ist eine gute Gelegenheit, mit unterschiedlichen Orten für unterschiedliche Schreibaktivitäten zu experimentieren: Ortswechsel unterstützen nämlich meistens den Schreibfluss. Probieren Sie es, und ziehen Sie jede Woche Bilanz: Welche Orte haben sich bewährt? Welches Umfeld hat zum erfolgreichen Schreiben beigetragen (Fenster, Gegenstände, Duft, Musik etc.)? Und auch: Was hat Ihre Schreibaktivität gestört? Die ungewöhnliche Stille oder im Gegenteil die laute Geräuschkulisse? Mit den – auch noch so kleinen – Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern können Sie bestimmt einige „ruhige Stunden“ in der Woche festlegen. Das gilt übrigens auch für Ihre elektronischen Mitbewohner (Handy, E-Mail-Programm, etc.)! Eines sollte nämlich dabei allen Mitmenschen zu Hause klar sein: Außer im absoluten Notfall ist Ihr Schreibraum in den definierten (notwendigerweise kürzeren) Schreibzeiten nur von innen und von Ihnen zu öffnen!
Bestimmen Sie einen Raum für Ihre Schreibmaterialien
Definieren Sie auch einen Ort zum Verstauen der notwendigen „Schreibumgebung“ (Laptop, Heft, Zettel, Bücher, Becher etc.). Ob Regal, Wäschekorb, Koffer oder Omas Truhe: Wichtig ist, dass Sie das für Sie stimmige Schreibumfeld schnell aufbauen können. Koffer eignen sich auch ausgezeichnet und lassen sich schnell unterm Bett und Tisch verstauen. Mein Freund hat sich beschwert, als ich in jedem Raum begann, meine Materialienberge auszubreiten. Dank Materialienkoffer kann ich nun besser von Schreibort zu Schreibort in meiner Wohnung reisen.
Schaffen Sie sich Rituale
Zu Hause schreiben bedeutet, dass Sie – vielleicht mehrmals am Tag – einen privaten in einen professionellen Raum umwandeln müssen – räumlich und im Kopf. Wichtig ist dabei, dass Sie den Übergang bewusst für sich gestalten. Definieren Sie ein Ritual, das als „Vorraum“ zum eigentlichen Schreibraum dient: ob Zähne putzen, einen Tee kochen oder Yogaübungen machen, Hauptsache, Sie bereiten sich gedanklich auf die gleich startende Schreibaktivität vor und sind schon da für die „Außenwelt“ nicht mehr ansprechbar.
Sehr hilfreich in dieser fordernden Zeit ist es auch, ein Schreibjournal zu führen. Dazu folgt in Kürze hier ein ganzer Beitrag von uns.
Verabreden Sie sich zum Schreiben
Schließlich möchten wir Sie ermutigen, sich mit „Gleichgesinnten“ zum Schreiben zu verabreden: Jeden Montag (für Promovierende), Mittwoch und Donnerstag (für alle Studierenden) von 10 bis 12 Uhr heißen wir Sie in unserem Online-Schreibraum willkommen! Diese digitalen Weekly-Write-Ins werden vom Schreibzentrum moderiert. Hier der Link zur Plattform Olat
Die aktuelle Situation bringt viele Herausforderungen für alle, egal ob Sie gerade an einer Hausarbeit oder an Ihrer Dissertation schreiben. Die Umstellung verlangt etwas Zeit, aber Ihre Schreibtätigkeiten werden sich neue Räume schaffen und vielleicht sogar einen neuen Schwung bekommen. Bleiben Sie dran!
Text: Susannah Ewing, Dr. Valérie Le Vot
CC BY-NC-SA
#2: Im Schreiben bleiben – Rohtexte schreiben mit Mut zur Lücke
Wunderbar, die Worte fließen. Jetzt schnell ein Beleg – Mist, Buch nicht ausgeliehen, und die Stabi hat wegen der Corona-Krise geschlossen. War es das jetzt? Nein, denn beim Rohtext-Schreiben kann ich auch Mut zur Lücke haben und weitermachen. Das geht so:
Rohtext mit Platzhaltern schreiben
Schreiben Sie einfach jetzt den vorläufigen Text, den Sie schon schreiben können: einen Rohtext. Solche Rohtexte sind erste Versionen, in denen Sie all Ihre guten Ideen schnell und im Gedankenfluss zu Papier bringen können, ohne dass Sie Ihren Text schon gleich perfekt schreiben müssen. Sie verfassen einfach eine erste Version, ohne sich zu zensieren. Sie wissen ja: Sie schreiben einen Rohtext – und den können und sollen Sie noch überarbeiten. Der Vorteil eines Rohtextes: Sie haben Ihre Gedanken schon festgehalten und können sie schriftlich weiterentwickeln.
Und jetzt kommt der Trick: Notieren Sie sich auch gleich all das am Text, was Sie später zum Überarbeiten brauchen: Dass Sie für diese Fußnote noch Literatur in der Stabi recherchieren und ausleihen möchten, dass Ihnen jene Formulierung nicht gefällt, dass Sie dort noch eine Definition prüfen wollen usw.
Ulrike Scheuermann nennt diese Methode in ihrer Schreibfitness-Mappe Partitur-Schreiben, weil man dabei wie in einer musikalischen Partitur die verschiedenen Stimmen, die man im Kopf hat, auf dem Papier notiert: die Melodiestimme, also den Hauptgedankengang des Textes, eine Begleitstimme, die anmahnt, die Formulierung noch mal zu überdenken, eine Nebenstimme, die wie oben das Recherchieren weiterer Literatur anmahnt, usw.
Liste mit Suchkürzeln für Schreibgedanken anlegen
Damit Sie die Lücken aus der Rohtextphase später schnell füllen können, markieren Sie einfach Ihre Gedankenlücken und Nebenstimmen-Schreibgedanken mit festgelegten Suchkürzeln, die Sie später recherchieren können. So ist nichts verloren. Stocken Sie im Schreibfluss, notieren Sie sich gleich das Kürzel und ggf. das „Warum?“ und schreiben weiter.
Legen Sie sich eine Liste mit Sonderzeichen an, die Sie als Platzhalter und Suchkürzel für genau die Anlässe verwenden, bei denen Sie beim Schreiben immer Grübeln: z. B. fehlende Wörter, Inhalt unklar, Recherche nötig, Literaturbeleg fehlt, Formulierungsvarianten usw. Wählen Sie Kürzel, die sich mit der Suchfunktion eindeutig recherchieren lassen. Ein Fragezeichen kann auch am Satzende stehen, zwei Fragezeichen haben Sie als Platzhalter definiert.
Beispiele für Platzhalter:
- Hier will ich noch recherchieren: … oder eigenes Wortkürzel, z.B. [Lit.??] für „Literatur“
- Formulierungsvarianten: Varianten mit / getrennt aufschreiben
- Fehlende Worte oder Formulierungen: # oder eigenes Wortkürzel, z.B. [ERG??] für „Ergänzen“
- usw.
Fangen Sie an, zu grübeln, sich selbst zu kritisieren oder zu loben, notieren Sie diese Kommentare separat:
- handschriftlich auf einem Extrazettel,
- farbig unterlegt und in eckigen Klammern im Text,
- in der Kommentarfunktion von Word.
Statt sich zu zensieren und festzubeißen, können Sie diese Kommentare bei der Überarbeitung Ihres ersten Rohtextes sinnvoll nutzen.
So bleiben Sie auch jetzt im Schreiben und bringen Ihre Arbeit so weit wie möglich voran. Und wenn die Bibliothek wieder öffnet, können Sie in Ruhe Ihre Gedanken in der Literatur überprüfen.
Literaturtipp: Ulrike Scheuermann: Die Schreibfitness-Mappe. 60 Checklisten, Beispiele und Übungen für alle, die beruflich schreiben. Wien: Linde 2011, S. 104f.
Text: Fridrun Freise
CC BY-NC-SA
#3: (K)eine ruhige Minute? Zu Hause schreiben mit Kind(ern)
Seitdem Kitas und Schulen geschlossen sind, stehen Studierende und Promovierende, die (jüngere) Kinder haben, vor einer enormen Herausforderung: Wie schreibe ich einen geraden Satz, auch wenn meine Kinder den ganzen Tag zu Hause sind und ich kaum Ruhe zum Schreiben finde?
Für (schreibende) Eltern öffnet sich das Homeoffice meist nicht als ein Raum der Stille und Konzentration. Im Gegenteil: Es ist kaum möglich, am Laptop zu sitzen, ohne dass ein Kind gerade dringend den Bastelkleber braucht oder das Lieblingsshirt sucht, Hunger oder Durst hat, die Lern-App abgestürzt oder das Arbeitsblatt unverständlich ist …. Ein kleiner Trost ist vielleicht, dass es nicht nur Ihnen so geht, sondern allen Eltern, die gerade versuchen, zu Hause zu arbeiten und nebenbei noch „Homeschooling“ und „Homekita“ zu betreiben.
Die gute Nachricht ist: In fast allen Fächern der Universität Hamburg sind sämtliche Abgabefristen für schriftliche Arbeiten ausgesetzt. Die Laufzeit der Fristen beginnt z. B. in den Geisteswissenschaften frühesten wieder, wenn die Bibliotheken geöffnet sind. Daher: Nehmen Sie den Druck raus und sich nicht zu viel vor! Es ist auf alle Fälle sinnvoll, an Ihrem Schreibprojekt weiterhin dranzubleiben. Verlangen Sie aber nicht von sich, einen ganzen Tag zu schreiben. Das wird in den seltensten Fällen gelingen. Ein bis zwei Stunden täglich genügen, um nicht vollkommen aus dem Hausarbeits- oder Dissertationsmodus herauskatapultiert zu werden. Vielleicht mögen Sie eine der folgenden Ideen zum Zeitschaffen ausprobieren?
Der frühe Vogel …
Der Schulweg fällt weg und niemand darf in die Kita gebracht werden. Lassen Sie Ihre Kinder also ruhig ein bisschen länger schlafen. Stattdessen stehen Sie früh auf und nutzen die Stunde vor dem Frühstück für Ihr Schreibprojekt. Setzen Sie sich (ruhig noch im Schlafanzug) an den Schreibtisch. Beginnen Sie den Tag mit einem fünfminütigen Freewriting. Danach schreiben Sie an Ihrer Arbeit weiter. Vielleicht kann Ihre Partnerin oder Ihr Partner währenddessen das Frühstück machen?
Einen Stundenplan haben
Aus Kita und Schule sind Kinder einen festen Tagesablauf gewöhnt. Also stellen Sie auch zu Hause einen Stundenplan auf, inklusive Zeiten zum Essenkochen und gemeinsamen Spielen, der für alle gilt. Diesen Plan hängen Sie möglichst groß und zentral auf. Vielleicht haben die Kinder Lust, ihn zu bemalen? Auf diesem Plan sind morgens zwei Stunden für eine ruhige Arbeitsphase reserviert und fett markiert. Machen Sie eine Wette daraus: Wenn die Kinder es schaffen, Sie in dieser Zeit nicht zu stören, gibt es danach eine Belohnung für alle.
Raus mit den Kindern!
Frische Luft tut allen gut. Also: mindestens eine Stunde raus vor die Tür mit Kinderwagen, Roller, Fahrrad, Federball – aber nicht mit Ihnen! Ihr Ort ist der Schreibtisch. Hilfreich ist es, wenn Ihre Partnerin oder Ihr Partner Sie unterstützt und das Outdoor-Programm begleitet. Sie können sich ja täglich abwechseln, dann kommt sie oder er auch mal in den Genuss einer ruhigen Arbeitsphase – und Sie an die frische Luft.
Die Segnungen des Medienzeitalters ausnutzen
Eigentlich sollen Ihre (Kita-)Kinder nicht mehr als eine halbe Stunde pro Tag Medien konsumieren? Aber in der jetzigen Situation können Sie vielleicht mal ein Auge zudrücken. Ihre Kinder werden keinen dauerhaften Schaden davontragen, wenn sie in der augenblicklichen Ausnahmezeit statt nur einer Sendung mit der Maus auch noch eine Sesamstraße, eine Folge Bibi und Tina und den Bullerbü-Film gucken – und zwar am besten alles direkt hintereinander. Denn eins ist sicher: In der Zeit können Sie schreiben.
Eine hilfreiche Linksammlung mit weiteren Tipps zum Thema „Homeoffice mit Kindern“ hat das Familienbüro der Universität Hamburg für Sie zusammengestellt.
Und wenn die Wellen im Studierenden- und Promovierendenfamilienleben doch hochschlagen, erinnern Sie sich an das Elternmantra: Es ist nur eine Phase! Es werden andere Zeiten kommen. Und morgen früh ist wieder ein Tag, den Sie zum Schreiben nutzen können.
Text: Mirjam Schubert
CC BY-NC-SA
#4: Steile Wörter-Kurve – mit Apps konzentrierter schreiben
Beim Schreiben zu Hause locken Ablenkung und Prokrastination mehr als in Büro oder Bibliothek: Das Telefon klingelt laut, die Familie wartet sehnsüchtig und die Fernbedienung ist zum Greifen nah. Apps zum Schreiben können dabei helfen, Versuchungen aller Art zu widerstehen und Schreibzeiten auch in heimischen Gefilden einzuplanen und einzuhalten.
Um Schreibprojekte zu meistern, sind Zeitplanung, Motivation und Konzentration essenziell. Das interessanteste wissenschaftliche Thema nützt uns wenig, wenn wir es nicht schaffen, es schrittweise zu untersuchen und darzustellen. Daher sind sich Verhaltenspsychologinnen und Schreibexperten einig: Dezidierte, realistische Schreibzeiten sind die Basis dafür, einen Text peu à peu konzentriert fertigzustellen. Und mit einem Belohnungssystem für geleistete Schreibzeiten können wir uns angewöhnen, lieber und öfter zu schreiben. Die meisten Apps zum Schreiben und Arbeiten folgen diesen grundlegenden Empfehlungen, mit kleineren und größeren Unterschieden: Während manche Anwendungen mit Belohnungen locken, damit wir am Ball bleiben, bestrafen andere Anbieter uns beim Nichteinhalten unserer Schreibziele. Wiederum andere Programme befreien uns von allerlei Online-Ablenkungen: Sie blockieren Social Media etc., solange wir schreiben sollen. Welche Funktionen und Mechanismen bringen wohl Ihre Hände zum Tippen? Ich habe vier Typen von Schreibapps ausgemacht und mit Studierenden getestet. Jede Kategorie enthält Anwendungen für Android und Apple bzw. Windows und Mac, damit jede und jeder fündig wird.
Die Schreib-Helfer sind Apps, mit denen Sie Schreibzeiten planen und tracken können, wie Word Keeper, Writer Tools und Writeometer. Sie können in einem Timer festlegen, wie lange Sie schreiben möchten, zum Beispiel 25 Minuten. Danach klingelt es: fertig – Zeit für eine Pause! Zudem können Sie andere Schreibziele definieren, Meilensteine im Prozess, Wörterzahlen usw. Kleine statistische Grafiken führen Ihnen Ihre Schreiberfolge vor Augen, wie Diagramme mit geschrieben Stunden, Wörtern pro Tag, Woche etc. Schon mal mit der eigenen Wörterkurve – statt der getrackten Jogging-Strecke – online geprahlt?
Alleskönner haben ähnliche Funktionen – bloß dass sie nicht speziell zum Schreiben entwickelt wurden. Mit dem mehrfachen Testsieger Forest können Sie digitale und reale Bäume pflanzen: Sie geben an, wie lange sie arbeiten möchten. Halten Sie dieses Ziel ein, wächst ein Bäumchen auf dem Bildschirm. Unterbrechen Sie die Schreibzeit durch Surfen mit dem Handy, stirbt der Baum. Ob Sie mit üppigem Grün belohnt oder mit einem verdorrten Ast bestraft werden, hängt also einzig von Ihrem Durchhaltevermögen ab. Eine ähnliche App – ohne Bäume – Be Focused ermittelt durch Ihr Nutzerverhalten, welche Intervalle aus Schreibzeiten und Pausen ideal für Sie sind.
Die Anti-Ablenker verzichten hingegen auf Schnickschnack. Denn hier geht es ums Wesentliche: Freedom und Self Control blockieren alle oder bestimmte Apps oder Internetseiten, damit Ihnen digital nichts anderes übrig bleibt als zu schreiben. Kommen Sie nur deshalb bloß nicht auf die Idee, das Bad putzen zu müssen! Focus Writer wiederum ist ein Textverarbeitungsprogramm für das Verfassen von Rohtexten, ohne die üblichen Menüleisten und Bearbeitungsoptionen, die uns aus dem Schreibfluss bringen können. An Form usw. kann dann später in Word und Co. gefeilt werden.
Wenn diese Schreibapp-Typen nicht helfen, muss vielleicht eine App aus der letzten Kategorie ran. Denn die Schreib-Henker kennen keine Gnade: Hier lautet das Prinzip Bestrafung. Wer bei Write or Die aufhört zu schreiben oder Schreibzeiten vor Ende abbricht, wird mit Lärm oder ekeligen Images bestraft, schiefe Bratschen können dann zum Beispiel aus den Boxen tönen oder Spinnen über den Bildschirm huschen. Zuletzt ist Flowstate der App gewordene Schreib-Albtraum: Tippt man während einer Schreibzeit für länger als sieben Sekunden nicht, wird das bisher Geschriebene schlicht gelöscht, und zwar unwiderruflich. Der Schreibfluss wird also zum Muss – Nutzung nur auf eigene Gefahr.
Text: Mascha Jacoby
CC BY-NC-SA
#5: Gedanken organisieren und entwickeln mit dem Schreibjournal
Gerade fehlt Ihnen die wissenschaftliche Diskussion mit anderen und Sie kommen nicht ins Schreiben? Dann arbeiten Sie mit dem, was Sie haben: Schreiben Sie über Ihre Arbeitssituation, notieren Sie Ihre Gedanken. Kurz: Führen Sie ein Schreibjournal.
Ideen-Tagebuch zur Gedankenentwicklung und Selbstorganisation
Ein Schreibjournal im wissenschaftlichen Kontext kann man sich als eine Mischung zwischen Tagebuch und Arbeitsnotizen vorstellen. Wie im Tagebuch sammeln Sie Gedanken, Ideen, Notizen an einem Ort. Sie schreiben regelmäßig – vielleicht sogar täglich – in Ihrer eigenen Sprache, ohne sich um besondere „Wissenschaftlichkeit“ bemühen zu müssen. Anders als beim privaten Tagebuch geht es inhaltlich aber um Ihre Hausarbeit, Ihr Seminar oder Forschungsliteratur, die Sie gelesen haben. Dabei sammeln Sie, was Sie gerade beschäftigt: Ideen, ein Zitat, Gedanken zum eigenen Schreiben. Sie müssen sich dabei nicht zensieren. Notieren Sie einfach den derzeitigen Stand Ihres Denkens, gern wie im Tagebuch mit Datum. Das Schöne ist: Nach ein paar Einträgen können und sollen Sie immer wieder zurückblättern, Gedanken vernetzen, revidieren oder weiterdenken.
Denkwerkstatt und Experimentierfeld
Im Schreibjournal notieren Sie also sowohl Ihre Gedanken als auch den Denkprozess. Nach und nach setzt sich aus den Bruchstücken etwas Neues zusammen. Durch die Kombination von Produktion und Reflexion hilft das Schreibjournal, sich auch bei Problemsituationen im eigenen Arbeitsprozess wieder zu organisieren. Das klingt trocken, ist aber ertragreich und vielfältig. Schreibdidaktiker machen das gern in Metaphern deutlich. Für Gerd Bräuer ist das Journal z. B. „Werkstatt“ und „Experimentierfeld“, für Toby Fulwiler und Wolfgang Schmale außerdem „Ort, an dem die Schreibenden beim Schreiben Spaß haben können“. Immer geht es darum, in das Schreiben einzutauchen, es für sich zu nutzen und zu reflektieren.
Schreib-Denk-Themen fürs Journal
Ihr Journal können Sie als offenes Ideenbuch führen, aus dem Sie bei Bedarf schöpfen, oder Sie legen es für ein bestimmtes Arbeitsprojekt oder Seminar an – sozusagen als Forschungslogbuch.
Schreiben können Sie über alles, was Sie beschäftigt, z. B.:
- Fragen, die sich Ihnen stellen,
- Probleme und Lösungsversuche,
- Informationen aller Art,
- inspirierende Zitate, Literaturnotizen,
- Erkenntnisprozesse wie z. B. Begriffsklärungen,
- Querverbindungen zwischen Gedanken,
- Zweifel,
- revidierte Gedanken,
- Verabredungen mit Betreuerinnen und Betreuern,
- Beobachtungen zu Ihrem wissenschaftlichen Gegenstand, Ihrem Schreiben.
Oder schreiben Sie:
- kleine Probetexte: Wie sieht ein Gedanke (unterschiedlich) formuliert aus?
- Reflexionen über das schon Geschriebene: Was habe ich eigentlich warum gemacht? Wie kann/will ich es jetzt machen?
Probieren Sie aus, was Sie für Ihr Schreiben brauchen.
Das eigene Journal anlegen
Natürlich lassen sich Journaleinträge in einer Computerdatei abspeichern. Wer auch gleich das Medium wechseln möchte, um einen anderen Zugang zum Schreiben zu haben, wählt Stift und Papier im zum Vorhaben passenden Format – z. B. ein A4-Ringbuch, um Materialien einheften und Zettel umordnen zu können, oder eine handliche A5-Kladde, die man aufs Sofa mitnehmen kann und bei der man einen Kommentarrand abknickt, damit man später Gedanken ergänzen kann, wenn man zurückblättert. Im Arbeitsprozess kann man sich ein (farbiges) Ideenregister anlegen oder wichtige Stellen mit Post-its markieren. Strukturierte legen gleich zu Anfang Notizrubriken an, z. B. für Ideen/Fragen, Lektüre, Schreibversuche.
Am Ball bleiben
Jetzt müssen Sie nur noch anfangen und regelmäßig am Ball bleiben. Was zunächst als zusätzlicher Zeitaufwand erscheint, entpuppt sich meist als Zeitersparnis, Selbstorganisation, Gedankenklärung, und die Motivation fürs Schreiben steigt – erst recht, wenn man zwei Wochen später sehen kann, was sich aus einer zufälligen Idee entwickelt hat.
Literatur:
Gerd Bräuer: Schreiben als reflexive Praxis: Tagebuch, Arbeitsjournal, Portfolio. Freiburg im Breisgau: Fillibach 2000, Zitate: S. 21.
Toby Fulwiler; Wolfgang Schmale: Führen eines Journals. In: Wolfgang Schmale (Hg.): Schreib-Guide Geschichte. Schritt für Schritt wissenschaftliches Arbeiten lernen. Wien; Köln; Weimar: Böhlau 2006 (utb 2854), S. 37-57, Zitate: S. 42.
Text: Fridrun Freise
CC BY-NC-SA
#6: Schreibzeit! Sich die Zeit zum Schreiben nehmen
Die Woche ist rum, und Sie haben (wieder) keine Zeit zum Schreiben gefunden? Eigentlich sollte hier stehen: Sie haben sich diese Zeit zum Schreiben nicht genommen, denn Zeit zum Schreiben werden Sie nie finden. Also ran an die Planung, damit Sie Herrin bzw. Herr über die Zeit werden!
Die Zauberformel: Routine, Rhythmus und Ritual
Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die noch nie einen Zeitplan benutzt haben oder im Gegenteil zu denen, die Zeitpläne lieben … so sehr, dass Sie jeden Tag einen neuen entwerfen! Für jede Schreibaufgabe ist eine gute Zeitplanung hilfreich: Schreiben gelingt nämlich am besten in der Routine, auch weil rhythmisiertes und ritualisiertes Schreiben das „Magische“ – und Beängstigende – am Schreiben stark reduziert.
Nehmen Sie sich also Zeit, einen realistischen Zeitplan schriftlich zu fixieren, und beginnen Sie am besten mit den Eckdaten: „Heute ist der …, und diese Schreibaufgabe möchte ich am …/in … Tagen/Wochen fertig haben.“
Der nächste Schritt erfolgt als Wochenplanung: Halten Sie in Ihrem Zeitplan zunächst farbig markiert fest, welche Zeitfenster durch lebensnotwendige (schlafen, essen/kochen, Familie versorgen etc.) oder wichtige (Sport, Chatten mit bestem Freund oder bester Freundin) Tätigkeiten belegt sind.
Dann überlegen Sie, wann Sie in den letzten Wochen oder Monaten am besten geschrieben haben: frühmorgens, wenn alle noch schlafen, oder eher von 16 bis 19 und dann 21 bis 23 Uhr? Diese Schreibzeit markieren Sie drei- bis fünfmal pro Woche in Ihrer Lieblingsfarbe.
Eine Schreibsitzung dauert 45 Minuten bis maximal 3 Stunden (mit Pausen), und es ist vollkommen in Ordnung, wenn Sie sich in der Woche nur viermal 2 Stunden Zeit zum Schreiben nehmen können: Das Wichtigste ist, dass die Schreibzeiten planmäßig stattfinden und NIE ausgelassen werden.
Zeitfresser und weitere Hindernisse wegräumen
„Sie haben eine neue Nachricht“ … und weg ist der Satz, den Sie im Kopf schon so schön formuliert hatten. Unter den Störfaktoren beim Schreiben stehen analoge und digitale Eindringlinge an erster Stelle: Stellen Sie sicher, dass Ihre Schreibzeit von allen strikt respektiert wird – auch von Ihnen selbst! Deponieren Sie Ihr Handy in einem anderen Zimmer, und deaktivieren Sie Ihr E-Mail-Programm und Ihren Browser, wenn Sie schreiben.
Führen Sie auch eine Woche lang Buch über Ihre täglichen Zeitfresser, vom Aufräumen (das eigentlich später erledigt werden kann) bis Zwetschgenkuchenbacken (auch das kann warten, zum Beispiel als Belohnung nach der Schreibsitzung!). Sie werden staunen, wie viel sich einfach streichen lässt und wie schnell ertappte Vorwände sich in Luft auflösen!
Wöchentliches Nachjustieren
Ziehen Sie am Ende jeder Woche kurz Bilanz: Zu welcher Uhrzeit sind Sie am besten in den Schreibfluss gekommen? Was hat sich als Schreibsitzungsdauer bewährt? Welche Hindernisse, ob Störfaktoren oder Vorwandsteufel, haben Sie erkannt und wie können Sie sie ausräumen?
Ihren Schreibplan sollten Sie jede Woche nachjustieren, aber Sie werden schnell den für Sie passenden Rhythmus finden und dann mehr denn je das wohltuende Gefühl haben, Herrin oder Herr über die Zeit zu sein!
Literaturtipp
Christian Wymann, Der Schreibzeitplan. Zeitmanagement für Schreibende. Opladen: Budrich, 2015
Text: Dr. Valérie Le Vot
CC BY-NC-SA
#7: (Schreib-)Motivation in schwierigen Zeiten
Fällt es Ihnen zurzeit schwer, sich zum Studieren und Schreiben aufzuraffen? Fragen Sie sich, wie Sie es schaffen sollen, alles allein zu lernen, zu lesen, mit sich selbst zu diskutieren? Sind Sie Online-Vorlesungen und endlose Powerpoint-Präsentationen mit Tonspur schon leid?
Kurz gesagt: Die Motivation für Ihr Studium, für Ihr Schreibprojekt ist gerade im Keller. Ganz ehrlich: Das ist kein Wunder. Der Corona-Ausnahmezustand ist und bleibt eine Herausforderung und kann einem die Freude am Lernen, Studieren und Schreiben nehmen. Bevor ich Ihnen ein paar Anregungen gebe, wie Sie Ihre Motivation, Ihre Lust am Studieren und Schreiben trotz allem wieder aus dem Keller herauslocken können, möchte ich festhalten: Sie dürfen sich momentan ruhig mal einen Durchhänger erlauben, denn es ist ja tatsächlich eine schwierige Zeit. Aber Sie können mit einfachen Übungen dafür sorgen, dass Sie am Ball bleiben und nicht resignieren.
Kleine Morgenrituale
Die Zeit gleich nach dem Aufstehen ist die ausschlaggebende Phase des Tages: Jetzt entscheidet sich, wie Sie die nächsten Stunden gestimmt sind. Mithilfe kleiner täglicher Rituale können Sie dafür sorgen, dass diese Stimmung möglichst positiv und fröhlich ist. Solche Rituale können ganz unkompliziert sein: der erste Becher Kaffee bei geöffnetem Fenster, zehn Minuten Yoga nach dem Aufstehen, eine Runde um den Block gehen, laut Ihr Lieblingslied hören oder ein fünfminütiges Freewriting, in dem Sie alles aufschreiben und loswerden, was Ihnen gerade so durch das Gehirn spukt. Danach kann der Tag kommen!
Sich selbst kennenlernen
Beobachten Sie sich: Was tut mir gut? Wie ist mein persönlicher Biorhythmus? Zu welchen Zeiten, an welchem Ort, auf welche Art lerne, lese, schreibe ich am effektivsten? Die Freude am Schreiben und Lernen steigt, wenn Sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Vielleicht können auch ein Stift, der angenehm in der Hand liegt, ein schönes Notizheft aus gutem Papier, schicke Post-it-Zettelchen etc. die Lust an der Schreibtischarbeit steigern.
Das Ziel ist klar …?
Was Sie sich nicht vornehmen, kann nur durch Zufall geschehen. Wenn Sie sich dagegen ein konkretes Ziel setzen, handeln Sie aktiv und selbstbestimmt – und das motiviert, notwendige (Schreib-)Aufgaben anzugehen und erfolgreich zu beenden. Und: Wer ein Ziel verfolgt, kann besser dazulernen und neue Kompetenzen erwerben. Es lohnt sich also, schriftlich folgende Frage zu beantworten: Welches persönliche Ziel möchte ich mit der Teilnahme an einem bestimmten Seminar oder mit meiner Schreibaufgabe verwirklichen? Kleine, vermeintlich unspektakuläre Ziele sind oft die hilfreichsten, z. B. „Diesmal gebe ich die Hausarbeit pünktlich ab“ oder „Ich bleibe gut gelaunt, auch wenn die Lernsituation gerade unangenehm ist“.
Trotzdem gemeinsam schreiben
Auch wenn wir wieder mehr Leute treffen dürfen, sitzen wir doch zurzeit oft allein am Schreibtisch. Das heißt aber nicht, dass Sie dauernd allein schreiben müssen. Sie können sich online mit anderen verabreden, die an vergleichbaren (Schreib-)Aufgaben sitzen. Ideal dafür sind die Weekly Write-ins des Schreibzentrums, in denen Sie sich dreimal die Woche eine Portion Schreibmotivation und gute Laune holen können.
Text: Mirjam Schubert
CC BY-NC-SA
#8: Gemeinsam schreiben oder zusammen schreibt es sich weniger allein
Sie fühlen sich allein und verloren im Angesicht eines Schreibprojekts? Sie suchen nach einer Gemeinschaft, um zu schreiben, um Feedback, Austausch oder Unterstützung zu bekommen? Dann ist eine Schreibgruppe genau das Richtige für Sie! Nur wie finden Sie eine in dieser Zeit?
Im Grunde besteht eine Schreibgruppe einfach aus Personen, die schreiben müssen oder wollen. Diese sind nicht immer aus derselben Arbeitsgruppe, demselben Fach oder sogar derselben Einrichtung. Manch eine historische Persönlichkeit, von den Frühromantikern in Jena bis zur zeitgenössischen Edition Gegenwind, hat von dem Austausch unter Schreibenden profitiert, ob sie Philosophie, Dichtung oder Jugendliteratur schrieb. Heutzutage erkennt die Wissenschaft auch die Vorteile des Schreibens in Gruppen für Akademikerinnen und Akademiker. In Australien ist die Writing Accountability Group zu einer Erfolgsformel gekürt worden, die jetzt weltweit übernommen wird, um auch erfahrene Wissenschaftsschreibende ins Schreiben zu bringen.
Um eine Schreibgruppe zu finden, sind nur wenige Schritte notwendig.
- Sich selbst und die eigenen Bedürfnisse erkennen
Was macht Ihnen gerade beim Schreiben Schwierigkeiten? Zeitmanagement? Den richtigen Ort finden? Motivation? Fehlen Ihnen die Worte oder bekommen Sie Hemmungen, wenn Sie auf das leere Blatt sehen? Hier geht es darum, das zu erkennen, was Ihnen im Weg steht, und dabei zu überlegen, was Sie darüber hinwegbringen könnte. Brauchen Sie mehr Ruhe? Oder vielleicht Gemeinschaft? Könnten Ihnen eine externe Struktur oder konkrete Teilaufgaben helfen? - Schreibpartnerinnen und -partner suchen
Kennen Sie jemanden, die oder der gerade schreiben muss oder will? Sie müssen nicht an den gleichen Themen oder sogar in der gleichen Sprache schreiben, sondern nur den Vorteil des gemeinsamen Schreibens oder der gegenseitigen Unterstützung erkennen. Wenn Sie gerade niemanden ausmachen können, der auch im Schreibprozess ist, finden Sie bestimmt beim Besuch unserer Write-ins mehrere aktiv Schreibende, vielleicht sogar jemanden, mit dem Sie schon im Seminar saßen. - Gemeinsame Ziele und Struktur finden
Es kann natürlich helfen, ähnliche Ziele bzw. Interessen zu haben, aber diese Übereinstimmungen können so allgemein sein wie einen gemütlichen Raum zum Schreiben zu finden, sich gegenseitig zu unterstützen oder einfach nur mit dem Schreiben weiterzukommen. Bei den Write-ins müssen Sie das nicht einmal selbst, sondern das Team des Schreibzentrums gibt Ihnen Raum- und Zeitstruktur, kleine Einstimmungs- und Entspannungsübungen und eine höchst motivierende Stimmung, in der das Schreiben und jeder noch so kleine Schritt gefeiert werden. - Loslegen!
Verabreden Sie sich also zum Schreiben oder kommen Sie einfach mit Ihrem Schreibprojekt und Ihrem Anliegen in unsere Write-ins! Bringen Sie Ihre Aufgaben, Ihre Notizen und auch Ihre Sorgen mit und lassen Sie uns Ihnen helfen, das Schreiben zu einem (sogar angenehmen) Teil Ihres Alltags zu machen. Wir sind jeden Montag, Mittwoch und Donnerstag von 10:00 bis 12:00 Uhr, auch in der vorlesungsfreien Zeit, in unserem gemeinsamen Schreibraum für Sie da und begleiten Sie durch den Schreibprozess. Auch in diesem Semester des Online-Studiums machen wir weiter: Sie finden uns bei OpenOLAT und Zoom. Wir freuen uns auf Sie!
Text: Susannah Ewing
CC BY-NC-SA
#9: Stressreduktion im Zoom-Zeitalter
Zurzeit sind wir stärker als jemals zuvor zum Arbeiten und Studieren an unsere Bildschirme gebunden. Neu ist dabei, dass wir uns auch für Seminare und Besprechungen online treffen – und solche Onlinetreffen können anstrengend sein! Wie gelingen solche Treffen möglichst stressfrei? Um diese Frage zu klären, haben wir mit Keir Paterson, einem Experten für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, gesprochen und ihn um Tipps gebeten.
Besonders interessiert hat uns natürlich, ob Schreiben bei solchen Onlinetreffen helfen kann, sich weniger erschöpft zu fühlen. Für Keir hängt es von der Persönlichkeit der Teilnehmenden ab, ob es sinnvoll ist, sich schriftlich auf eine Videokonferenz vorzubereiten und die eigenen Beiträge z. B. vorzuplanen: „Manche fühlen sich wohler, wenn sie alles durchgeplant und verschriftlicht haben, manche improvisieren lieber und ziehen Energie aus der Interaktion mit den anderen Teilnehmenden.“ Hier lohnt es sich also, auszuprobieren, zu welcher Gruppe man gehört.
Keir rät aber unbedingt dazu, Schreiben zur Nachbereitung von Video(lehr)veranstaltungen einzusetzen: „Es ist belegt, dass reflexives Schreiben nach Sitzungen Lehrenden wie Studierenden helfen kann, Stress abzubauen und Ergebnisse zu sichern, genauso wie Tagebuch schreiben eine effektive Strategie zur Selbstfürsorge sein kann. Direkt in die nächste Besprechung einzusteigen erschwert dagegen eher, das Besprochene zu verarbeiten und daraus zu lernen.“
Besonders anstrengend an Onlinetreffen ist, dass wir aufgrund der Zeitverzögerung und des kleinen Bildschirmausschnitts kaum nonverbale Hörsignale, Gesten wie Kopfnicken oder Mimik wahrnehmen können: „Dies ist einer der Gründe, warum wir uns besonders konzentrieren müssen, was dann zu Ermüdung führt.“ Keir empfiehlt zu üben, in die Kamera zu schauen (und nicht auf den Bildschirm): „Das ist sehr schwer!“ Aber das Gefühl von Augenkontakt erleichtert die Kommunikation. Daher rät Keir auch dazu, bei Diskussionen die Sprecheransicht einzustellen, um Augenkontakt wenigsten ansatzweise herzustellen.
Tipps zur Stressreduktion bei Onlinetreffen
Darüber hinaus nannte Keir noch weitere Tipps, wie Onlinetreffen für die Beteiligten weniger ermüdend sein können:
- Stellen Sie die Selbstansicht aus. Sich selbst ständig zu sehen lenkt ab und kann eine zusätzliche Stressquelle sein.
- Nutzen Sie den Echtzeit-Chat, um Fragen zu stellen, ohne die Lehrperson zu unterbrechen. (Allerdings bedeutet es für die Dozierenden eine erhöhte kognitive Belastung, neben ihrem Vortrag auch den Chatverlauf im Auge zu behalten.)
- Die Arbeit in kleineren Gruppen in sogenannten Breakout-Rooms während eines Onlinetreffens aktiviert die Teilnehmenden und reduziert zugleich effektiv den Stress.
- Die Whiteboard-Funktion kann zur Kollaboration benutzt werden und lenkt die Aufmerksamkeit zugleich von den Gesichtern ab.
- In Kleingruppen und bei der Arbeit mit dem Whiteboard können alle die Kameras ausschalten. Auch das reduziert Stress.
Zu guter Letzt betont Keir, wie wichtig Bildschirmpausen sind. Er empfiehlt nach einem Onlinetreffen für mindestens zehn Minuten „den Raum zu verlassen, zu atmen und sich zu dehnen“.
Keir Paterson ist General Manager, Workplace Solutions bei der gemeinnützigen Organisation für psychische Gesundheit SuperFriend und hat schon viele der größten Firmen Australiens beraten. Er hat einen MBA sowie Qualifikationen in Kommunikationswissenschaften, Marketing und einen BA in Philosophie.
Text: Susannah Ewing Bölke, Lukas Musumeci, Mirjam Schubert
CC BY-NC-SA
#10: Hilfe, mein Zeitplan!
Der Sommer steht vor der Tür, und Sie fragen sich, wo die letzten Wochen geblieben sind, die Sie für das Schreiben an Ihrer BA-, MA- oder Promotionsarbeit so schön geplant hatten? Keine Panik: Sie sind da nicht allein, und es gibt Lösungen!
Eine Abschlussarbeit zu schreiben erfordert eine Disziplin, die zurzeit nicht einfach aufrechtzuerhalten ist: Gegenseitige Motivation durch gemeinsames Schreiben in der Bibliothek oder den lockeren Austausch am Rande von Seminaren fällt weg, zu Hause fällt Ihnen die Decke auf den Kopf – oder die Familie steht dauernd in der Tür, und Ihr Zeitgefühl ist im Argen. Was tun?!
Erster Schritt: die Gesamtsicht
Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über die gesamte Restzeit bis zur Abgabe Ihrer Arbeit. Dazu nehmen Sie am besten einen Jahreskalender und halten alle wichtigen Termine fest: administrative Fristen (uni-intern, Stipendien-Programm, etc.), Termine mit Ihrer Betreuerin bzw. Ihrem Betreuer, Workshops und Kolloquien etc.
Fällt in diese Zeit ein wichtiges privates Ereignis? Dann notieren Sie es und planen genug „Schreibpause“ davor und danach – aber markieren Sie den exakten, unverrückbaren Termin Ihres Wiedereinstiegs in die Schreibarbeit!
Mit dieser Gesamtschau, die Sie am besten in der Nähe Ihres Schreibplatzes aufhängen, haben Sie bereits ein deutlich besseres Gefühl für die Zeit, die Ihnen überhaupt zur Verfügung steht. Und das Gute ist: Es wird deutlich, dass es ein Leben danach gibt! Halten Sie ruhig eine Belohnung − eine schöne Radtour, den Kauf eines Seligkeitsdings − zur Motivation und als Perspektive auf das Leben nach der Arbeit im Kalender fest: Das hilft wirklich!
Zweiter Schritt: die Planung der einzelnen Arbeitsblöcke
Dann geht es an die schwierigste Planung, vor allem wenn Sie Ihre erste „größere“ Arbeit schreiben: Listen Sie alle Arbeitspakete auf, die noch zu erledigen sind, z. B. „Überarbeitung Kapitel 2“, „Fragestellung abnicken lassen“ oder „Zitierweise vereinheitlichen“. Versuchen Sie, daraus zusammenhängende Blöcke und eine realistische Zeitspanne zu deren Erledigung zu definieren. Markieren Sie dann den Anfang und die Fertigstellung der jeweiligen Aufgabe im Kalender.
Lassen Sie immer etwas Puffer zwischen den Blöcken, aber verinnerlichen Sie folgendes Mantra: „Diese Aufgabe stelle ich bis zum Tag XY fertig. Punkt.“ Es ist nämlich kein Problem, drei Jahre an der methodologischen oder historischen Einführung zu Ihrem Thema zu sitzen: Das kann jede bzw. jeder. Sie wissen es aber besser: Nur schreibend können Sie sich Ihr Thema aneignen, und das Leben da draußen ist zu schön, als dass Sie prokrastinieren, daher: Laptop auf, und an die Schreibarbeit!
Weitere Unterstützung
Im Internet finden Sie „Zeitplaner“-Tools für alle Arbeiten. Probieren Sie diese ruhig aus, aber eigentlich können Sie es am besten: Seien Sie bei der Zeitplanung ehrlich mit sich selbst und zeigen Sie Ihren Zeitplan einer Person, die Sie und das akademische Arbeiten gut kennt. Sie wird Ihnen schon sagen, ob Ihr Plan unrealistisch oder plausibel ist.
Nutzen Sie auch Unterstützungsangebote an der Universität: Neben dem Schreibzentrum (Workshops, Schreibcoaching, digitales „Weekly Write-in“ – alle Angebote finden Sie in unserem OpenOlat-Raum) − können auch Angebote vom Career Center oder vom Hochschulsport hilfreich sein.
Und jetzt das Wichtigste: Sie brauchen ein „Schreibteam“! Identifizieren Sie in Ihrem Umfeld Menschen, die Sie unterstützen, die Sie, wenn nötig, wieder in die „Schreibbahn“ bringen und mit Ihnen jede erfolgreich erledigte Zwischenetappe Ihrer Abschlussarbeit feiern: ob Mitschreibende, Freundinnen und Freunde oder Nachbarinnen und Nachbarn, Supporter brauchen alle Schreibenden!
Text: Dr. Valérie Le Vot
CC BY-NC-SA
#11: Digital ist besser? Wie Lesen am Bildschirm gelingt
Die Bibliothek ist meistens zu und Ausleihen sind kaum möglich? Auch wenn Sie bisher wissenschaftliche Texte lieber auf Papier gelesen haben, ist nun vermehrt Lesen am Bildschirm angesagt. Dabei ist vertieftes Lesen digital schwieriger − doch es kann trotzdem gelingen, wenn Sie dabei gezielt vorgehen.
Komplexe Leseaufgaben lassen sich besser auf Papier bewältigen
Unter dem Akronym E-READ (Evolution of Reading in the Age of Digitisation) haben sich über 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Psychologie, Pädagogik, Neuro-, Sozial und Kulturwissenschaft zusammengeschlossen, um zu erforschen, wie die Digitalisierung unser Lesen beeinflusst und wie wir die unterschiedlichen Vorteile von Papier und Bildschirm gezielt nutzen können. Insbesondere haben sie untersucht, ob es sich auf unsere Fähigkeiten, einen Text zu verstehen, ihn vertiefend zu erarbeiten und seine Inhalte zu erinnern, auswirkt, ob wir den Text auf einem digitalen Lesegerät oder auf Papier lesen. Während sich beim narrativen Lesen kaum Unterschiede zeigen, stellen die Forscherinnen und Forscher fest, dass Papier der beste Träger für längere informative Texte ist. Ab einer Länge von 500 Wörtern werden diese Texte auf Papier signifikant besser verstanden (zum Vergleich: Dieser Text umfasst 674 Wörter). Vereinfacht lässt sich sagen, dass die Überlegenheit von Papier zunimmt, je anspruchsvoller die Leseaufgabe ist: unter Zeitdruck, bei komplexeren Texten, wenn vertieftes Verständnis abgefragt wird und nicht nur Kernsätze. Die generelle Tendenz, dass Leserinnen und Leser überschätzen, wie viel sie behalten können, verstärkt sich zudem beim digitalen Lesen.
Physische Anker erleichtern behalten
Die Forscherinnen und Forscher erklären die Überlegenheit des Papiers unter anderem damit, dass die physische Verortung des Gelesenen das Erinnern begünstigt: Sie kennen vielleicht das Phänomen, sich zu erinnern, dass ein gewisser Inhalt oben links, ungefähr im letzten Drittel eines Buches steht. Auch weitere physische Anker wie Gewicht, Dicke des Textes, Geruch, fehlen bei digitalen Texten weitestgehend. So hatte in den Studien insbesondere Scrollen einen negativen Effekt auf das Behalten von Gelesenem. Mit dem erhöhten Ablenkungspotenzial beim digitalen Lesen wollen wir an dieser Stelle gar nicht anfangen …
Sollten Sie jetzt dazu verführt sein, diese sogenannten Screen Inferiority Effects einer älteren, weniger digital affinen Generation zuzurechnen, und deshalb darauf zählen, dass diese Effekte sich nach und nach ausschleichen, hält die Forschung darauf eine enttäuschende Antwort bereit: Diese Effekte verstärken sich seit dem Jahr 2000. Es scheint also insbesondere jüngeren Menschen an adäquaten Strategien zu fehlen, digitale Texte vertieft zu lesen.
Digitale Texte noch bewusster lesen
Wäre es demnach konsequent, gänzlich auf digitale Texte zu verzichten? Ein solcher Verzicht ist in der Wissenschaft nicht nur in Corona-Zeiten schlecht möglich und wäre aufgrund der offensichtlichen Vorteile digitaler Texte übertrieben. Schließlich machen diese es möglich, die Textrepräsentation, etwa Schriftgröße und Hintergrundbeleuchtung, auf unsere Bedürfnisse abzustimmen. Vor allem punkten digitale Texte mit leichterem Zugang, Speicherung, Verbreitung und besseren Suchmöglichkeiten. Die Forschungsergebnisse sind auch nicht dahingehend zu verstehen, dass vertiefendes Lesen auf digitalen Geräten nicht möglich ist. Es ist nur weniger wahrscheinlich, dass es klappt.
Deshalb sollten Sie beim digitalen informativen Lesen noch mehr als beim Lesen auf Papier bewusst Vertiefungsstrategien einsetzen. Fragen Sie sich, warum Sie einen Text lesen. Wir lesen anders, wenn wir lernen, einen Text in Informationspakete zu unterteilen, die wir uns merken wollen, als wenn wir für eine Hausarbeit gezielt nach einer bestimmten Information suchen. Überlegen Sie sich, welche Lesetechniken Sie dafür am besten wie einsetzen, etwa indem Sie sich erst in einem Text orientieren, ihn dann mit den Augen scannen, um herauszufinden, welche Stellen Sie vertiefend lesen müssen. Vor allem: Verarbeiten Sie den Text während des Lesens kognitiv. Nutzen Sie die Annotationstechniken der jeweiligen Software. Führen Sie ein Lesejournal, in dem Sie notieren, welche Erkenntnis Sie aus dem Gelesenen ziehen und welche Gedanken Sie sich dazu machen. Schreiben Sie Zusammenfassungen. Erstellen Sie Visualisierungen. Welche Techniken Sie auch bevorzugen, setzen Sie sie bewusst und mit Blick auf Ihr Erkenntnisinteresse ein. So ermöglichen Sie sich, auch digitale Texte erkenntnisfördernd zu lesen.
Literatur
Die zentralen Befunde hat E-READ in der Stavanger-Erklärung (einsehbare deutsche Version) zusammengefasst.
Text: Lukas Musumeci
CC BY-NC-SA
#12: Endlich schreibsüchtig!
Wissenschaftliches Schreiben ist komplex und für die meisten von uns herausfordernd. Das kann dazu führen, dass man Schreibprojekte nicht angehen möchte, sie aufschiebt oder sich blockiert fühlt. Das ist menschlich, muss aber nicht kampflos hingenommen werden. Denn es gibt erprobte Methoden, um (meistens) schreiben zu wollen – und weniger das Gefühl zu haben, schreiben zu müssen. Wie also kann man eine Schreibsucht kultivieren?
In den Schreibfluss kommen
Die Grundvoraussetzung für eine Schreibsucht sind Schreibflüsse. Häufig zensieren wir uns beim Schreiben selbst, unterbrechen uns dadurch und bringen uns aus dem Fluss – das kann frustrierend sein und Schreiben mühsam machen. Die Methoden „Freewriting“ und „Fokussiertes Freewriting“ können Abhilfe schaffen, weil sie helfen, sich anfänglich von hohen Ansprüchen zu verabschieden und erst mal zügig imperfekte Rohtexte zu produzieren. Dafür lassen wir bei der klassischen Variante die Gedanken gänzlich frei fließen und halten sie schriftlich fest. Bei der „fokussierten“ Variante lenken wir den Gedanken- und Schreibfluss auf einen Fokus, z. B. auf eine Frage oder ein Thema, in dessen Bereich sich die Gedanken frei entwickeln dürfen – Freischreiben angeleint sozusagen. Egal, ob gänzlich „frei“ oder „fokussiert“: Wir schreiben im besten Fall ununterbrochen, streichen nichts durch, halten im Fluss auftauchende Fragen und Unsicherheiten fest und machen uns erst mal keine Gedanken über z. B. Struktur oder Fehlerfreiheit des Textes. So kann Schreiben anfangen, Spaß zu machen. Denn wir erlauben uns, im ersten Schritt etwas fließend zu Papier zu bringen, das (noch) voller Lücken, Fragen, Fehler sein und – allgemein – Überarbeitungsbedarf haben darf.
Schreibräusche erleben
Bei diesem Freischreiben bzw. freieren Schreiben kann Magisches passieren, das sich jedoch wissenschaftlich erklären lässt. Die rechte Gehirnhälfte wird stärker aktiviert, die verantwortlich für kreatives, assoziatives und intuitives Denken ist. Dadurch können uns Ideen kommen, derer wir uns vorher nicht bewusst waren, und Zusammenhänge klar werden, die uns bei angestrengtem Grübeln verwehrt blieben – es kann also Geistesblitze gewittern und plötzlich im Kopf alles Sinn machen. Zudem hat Freischreiben während definierter Schreibzeiten etwas Meditatives: Für einen machbaren kurzen Zeitraum von beispielsweise 15 oder 20 Minuten konzentriert man sich nur aufs Schreiben und ist verbunden mit dem Moment. All das kann enorm produktiv und befriedigend sein – und auf Dauer süchtig machen.
Schreiben als Lösung
Schriftstellerinnen und Schriftsteller berichten manchmal von der selbsttherapeutischen Funktion von Schreiben. Maxim Biller sagte einmal, dass er schreibe, weil er sonst verrückt würde. Schreiben kann uns vorübergehend – aber dafür immer wieder – von einem um dieselben Gedanken kreisenden Geist befreien: z. B. dadurch, dass wir belastende Gedanken beim Tagebuch-Schreiben festhalten und danach besser loslassen können. Oder dadurch, dass wir beim Schreiben Probleme reflektieren und dann möglicherweise lösen oder zumindest besser verstehen und akzeptieren können. Oder dadurch, dass wir uns ganz auf eine komplexe Schreibaufgabe konzentrieren und störende Gedanken dabei in den Hintergrund rücken. Eine Schreibsucht kann also mit einem Perspektivwechsel beginnen: dadurch dass wir Schreiben als Lösung betrachten – und nicht als Problem.
Das gute Gefühl nach eingehaltenen Schreibzeiten
Um eine „writing addiction“ zu kultivieren, sollte man regelmäßig schreiben. Wenn man sich angewöhnt hat, an vier bis sechs Tagen in eingeplanten dezidierten Zeiten zu schreiben, stelle sich laut der Schreibexpertin Joan Bolker ein schlechtes Gefühl ein, wenn man an einem dafür vorgesehenen Tag das Schreiben schwänzt – im Gegenteil zum guten Gefühl, etwas geschafft zu haben, das sich bei vielen nach eingehaltenen Schreibzeiten einstellt. Bolker deutet also das schlechte Gewissen nach nicht vollbrachten Schreibplänen als positiv konnotierte Schreibsucht um. Demnach gilt es, das innere Strebertum in sich zu akzeptieren und um seiner selbst willen umzusetzen, was man sich vorgenommen hat.
Schreiben als Privileg
Schreibsucht – oder wer es lieber positiv behaftet mag: Schreiblust – kann auch geweckt werden, indem man nicht länger schreibt, als man sich vorgenommen hat. Der Psychologe Gerd Gigerenzer erlaubt sich z. B. täglich insgesamt nicht länger als 4 Stunden zu schreiben. Dadurch fällt es ihm leichter, während dieses begrenzten Zeitraums konzentriert an seinen Zielen zu arbeiten. Die Zeitbegrenzung hat einen weiteren Vorteil: Wenn man sich nach der festgelegten Schreibzeit zwingt aufzuhören – egal, wie gut es gerade läuft –, kann dies die Lust steigern, am nächsten Tag weiterzuschreiben. So kann man sich Schreiben als eine Art Privileg umdeuten, als etwas, das man tun darf und auf das man sich freut.
Text: Mascha Jacoby
CC BY-NC-SA
#13: Besser mit MS Word arbeiten
Sie kennen das: Sie haben endlich die ersten Absätze geschrieben und möchten nur noch die nötige Formatierung gemäß den fachlichen Vorgaben in Word einrichten. Doch genau hier fangen meist erste Probleme an – bevor Sie Ihre wertvolle Schreibzeit mit langem Suchen nach technischen Lösungen verbringen müssen, haben wir hier ein paar Tipps für Sie.
Wörterzählen, Thesaurus, Sonderzeichen
Klingt simpel – ist es auch. Dennoch sind diese kleinen Tools von Word nicht immer bekannt. Unter dem Menüreiter „Überprüfen“ finden Sie ganz rechts die Funktion „Wörterzählen“, mit der Sie sämtliche quantitativen Details Ihres aktuellen Dokuments jederzeit anzeigen lassen können: So haben Sie begrenzte Zeichen- oder Seitenzahlen immer im Blick.
Nutzen Sie direkt darüber auch die Funktion „Thesaurus“ von Word – wenn Ihnen einmal die Worte fehlen, helfen Ihnen gegebenenfalls Vorschläge aus dem dortigen Synonym-Wörterbuch weiter. Beachten Sie jedoch, dass Fachbegriffen im wissenschaftlichen Kontext spezifische Bedeutungen zukommen und Sie in der Regel die Aussage Ihres Textes verändern, wenn Sie diese Begriffe ersetzen.
Sie suchen Sonderzeichen, wie Gedankenstriche oder etwa französische Anführungszeichen? Klicken Sie unter dem Menüreiter „Einfügen“ ganz rechts auf die Schaltfläche „Symbol“ und darunter auf „Weitere Symbole“. Hier finden Sie sämtliche Sonderzeichen der gewünschten Schriftart aufgelistet und können diese per Klick in Ihren Text einfügen.
Suchen und Ersetzen
Sie möchten in Ihrem Dokument doppelte Leerzeichen ausfindig machen oder prüfen, ob Sie ein bestimmtes Wort auch überall richtig geschrieben haben? Dann wählen Sie in Word unter dem Menüreiter „Start“ ganz rechts die Schaltfläche „Ersetzen“. Tippen Sie nun in das neue Fenster hinter „Suchen nach:“ die gesuchten doppelten Leerzeichen einfach per Tastatur ein. Tippen Sie anschließend unter „Ersetzen durch:“ das gewünschte einfache Leerzeichen ein. Unter „Alle ersetzen“ lassen Sie Word nun auf einen Schlag das gesamte Dokument nach den entsprechenden Stellen suchen und ersetzen – fertig!
Sie wollen nur einzelne Korrekturen übernehmen oder ein bestimmtes Wort ausfindig machen? Tragen Sie dieses in das „Suchen nach:“-Fenster ein und klicken Sie diesmal auf den Befehl „Weitersuchen“. Nun springt Word zeitsparend und gezielt an die entsprechenden Stellen Ihres Dokuments, sodass Sie jeden Einzelfall direkt prüfen und nach Belieben korrigieren können.
Querverweise
Sie wollen einen Verweis in Ihren Text einbauen – etwa auf eine Fußnote, die Sie ein paar Seiten vorher gesetzt haben? Über Querverweise ist dieser Schritt sehr einfach: Gehen Sie hierfür auf den Menüreiter „Referenzen“ (in manchen Word-Versionen heißt dieser Reiter noch „Verweise“) und anschließend auf den Punkt „Querverweis“.
In dem sich nun öffnenden Fenster können Sie unter „Verweistyp:“ oben links im Dropdown-Menü den Punkt „Fußnote“ auswählen, im unteren Bereich die entsprechende Fußnote auswählen und über „Verwiesen auf:“ festlegen, ob im Text anschließend auf die Fußnotennummer oder bspw. die Seitenzahl verwiesen werden soll. Besonders praktisch: Der Verweis ist „intelligent“, sodass er sich automatisch mitaktualisiert, selbst wenn sich die Fußnotennummer oder -Seitenzahl im Laufe des Schreibprozesses noch verändert (zum Aktualisieren einfach die Taste F9 drücken).
Apropos: Wie Sie Seitenzahlen richtig einrichten, finden Sie in diesem Word-Manual ab Seite 47.
Formatvorlagen
Der Schlüssel zu einem automatisierten Inhaltsverzeichnis, zur intelligenten Kapitelnavigation und
einer sauber gestalteten Arbeit:
In wissenschaftlichen Arbeiten sind Formatvorlagen eine enorme
Hilfe, denn sie ermöglichen Ihnen sehr schnelle gestalterische Korrekturen Ihrer Arbeit – auch noch
kurz vor dem Druck. Wenn Sie Ihre Überschriften als Formatvorlagen anlegen, sind automatisiert
generierte Inhaltsverzeichnisse in Word nur noch drei Klicks entfernt. Querverweise, die Sie zu
bestimmten Kapiteltiteln anlegen, bleiben immer korrekt – ganz gleich, wie häufig diese im Laufe des
Schreibprozesses noch ihren Titel oder die Position innerhalb des Dokuments verändern. Und dies sind
erst einige Vorteile! Es lohnt sich also, sich für Formatvorlagen einen Moment Zeit zu nehmen. Eine
ausführliche Anleitung, wie Sie Formatvorlagen für Ihre Hausarbeit anlegen, finden Sie in diesem Word-Manual
ab Seite 111.
CC BY-SA
Text: Julia Pawlowski
Sie suchen noch mehr Tipps?
Schauen Sie doch einmal in unseren anderen
Word-Manuals nach. Im Daumenkino-Prinzip erklären wir Ihnen hier Schritt für Schritt und in Ihrem
eigenen Tempo, wie Sie in Word beispielsweise Kapitelnummern
anlegen oder automatisiert zitieren können.
Darüber hinaus bieten wir auch Live-Kurse an! Unsere Word- und Excel-Speedkurse sind für alle Studierenden und Promovierenden der Universität Hamburg offen. Die Anmeldung erfolgt über STiNE unter: Studium > Extracurriculare Veranstaltungen > Universitätskolleg > Kurse > RRZ.
Übrigens: Kostenlose Word-Lizenzen stehen für alle Mitglieder der Universität Hamburg zur Verfügung. Weitere Infos zu den MS-Office-Lizenzen finden Sie hier.
#14: Mit Betreuenden und Prüfenden digital kommunizieren
In der Corona-Zeit ist Kommunikation sowohl wichtiger als auch komplizierter denn je, und gerade mit Prüfenden und Projektbetreuenden kann sie besonders kniffelig sein. Hier finden Sie ein paar Tipps, wie digitale Kommunikation mit Dozierenden erfolgreich gestaltet werden kann.
Die Möglichkeiten der Kommunikation sind zurzeit eher eingeschränkt. Gerade bei der Kommunikation aus der Ferne können meta- und extralinguistische Signale fehlen, die oft wichtige Informationen vermitteln: Hat die Prüfende gerade zustimmend genickt oder nur den Kopf gehoben, um die Kamera zurechtzustellen? Hat der Betreuende sich einfach nur geräuspert oder wollte er damit meinen Redefluss unterbrechen? Nicht so einfach, wenn alles über das Telefon oder eine instabile Videoverbindung läuft … Mit guter Vorarbeit kann Kommunikation aus der Ferne jedoch gut gelingen und sie bietet Ihnen sogar Möglichkeiten, den Austausch besser zu steuern.
Erste Schritte
Das Wichtigste ist die Vorbereitung. Zunächst sollten Sie prüfen, ob Sie für Ihre Frage(n) wirklich Ihre Dozentin bzw. Ihren Dozenten brauchen. Vielleicht bekommen Sie ja an anderer Stelle die relevanten Informationen:
- Geht es um eine Seminararbeit? Schauen Sie erst mal in den Seminarplan und in die Kursmaterialien.
- Tutorinnen und Tutoren sowie manchmal auch Kommilitoninnen und Kommilitonen sind oft sehr gute Quellen.
- Bei einer Examensarbeit sind eher die Prüfungsordnung und die Webseiten des Instituts bzw. der Fakultät hilfreich.
Diese Bezugsquellen helfen allerdings bei tiefergehenden Fragen zu wissenschaftlichen Inhalten oder Methoden nicht weiter. Für eine Anfrage per E-Mail oder für die Sprechstunde bei einer Dozentin bzw. einem Dozenten sollten Sie genau diese Fragen gut vorbereiten. Überlegen Sie sich zunächst, was Sie genau brauchen: Was ist unklar? Wo brauchen Sie Unterstützung? Benötigen Sie Anregungen, weil Sie inhaltlich nicht weiterkommen, oder möchten Sie Ihre Gliederung abnicken lassen? Listen Sie Ihre Fragen auf, klären Sie deren jeweiligen Kern (Literatur, Theorie, Analyse/Argumentation, Methode etc.) und priorisieren Sie sie: Was müssen Sie jetzt unbedingt klären, um weiterschreiben zu können?
E-Mail-Kontakt
Die Kommunikation per E-Mail ist bequem, aber sie darf nicht zu informell werden. Schwierig ist: Einiges fällt weg, was in der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht selbstverständlich ist. Gut ist: Sie haben Zeit, um alles präzise und passend zu formulieren. Zeigen Sie Ihren Respekt in der Ansprache (Sehr geehrte Frau Professorin X, Lieber Herr Dr. Y), aber auch darin, dass Sie Ihre Bedürfnisse höflich, aber klar und fachsprachlich adäquat kommunizieren. Gehen Sie vorher Ihre offenen Fragen durch, priorisieren Sie sie (nie mehr als 7 Fragen …) und schreiben Sie in der E-Mail alles, was Ihre Prüferin bzw. Ihr Prüfer braucht, um diese einzelnen Fragen präzise und zeitsparend zu beantworten. Zögern Sie auch nicht, kurz an die Ergebnisse Ihres letzten Austauschs (Bei unserem letzten Telefonat am … haben wir vereinbart, dass ich … .) zu erinnern und wichtige Begleitdokumente (Gliederung, Exposé) anzuhängen. Eventuell wird es bei einer E-Mail-Antwort bleiben. Wünschen Sie sich ein Gespräch mit Ihrem Prüfenden, sollten Sie explizit darauf hinweisen.
Fernsprechstunde
Findet das Gespräch über Telefon oder Video statt, suchen Sie einen ruhigen Ort, um das Gespräch zu führen, und sorgen Sie im Vorfeld unbedingt dafür, dass Sie nicht gestört werden. Bleiben Sie dann höflich, aufmerksam und zugewandt.
Idealerweise konnten sowohl Sie als auch Ihre Prüferin bzw. Ihr Prüfer sich dadurch auf das Gespräch vorbereiten, dass Sie Ihre Anliegen vorab in einer E-Mail geschildert haben. Versuchen Sie, sich an die vorab gestellten Fragen zu halten, und vermeiden Sie neue Fragen. Lassen Sie sich auf die 3 Phasen des Gesprächs ein (Eröffnungs-, Kern- und Beendigungsphase), aber sorgen Sie mit höflichen Formeln dafür, dass die erste Phase kurz ist, und verlieren Sie Ihre Anliegen nicht aus den Augen. Es ist äußerst frustrierend, ein Gespräch zu beenden und dann festzustellen, dass Sie die Antworten auf Ihre Fragen nicht bekommen haben. Weil es bei Videokonferenzen noch schwieriger ist, Informationen aufzunehmen, notieren Sie sich die Antworten auf Ihre Fragen am besten gleich während des Gesprächs. Zögern Sie auch nicht, Nachfragen zu stellen und auch das wichtigste Ergebnis des Gesprächs mündlich zusammenzufassen und sich bestätigen zu lassen.
Schließlich freuen sich Lehrende, wenn Studierende aus eigener Initiative Kontakt aufnehmen, weil dann Anforderungen und Bedürfnisse (schneller) geklärt werden können. Wenn Sie gut informiert und vorbereitet sind und respektvoll bleiben, ist ein solches Gespräch ein wichtiger Meilenstein und eine große Unterstützung bei Ihrer Arbeit. Daher: Nur Mut, Sie haben nichts zu verlieren und viel zu gewinnen!
Text: Susannah Ewing
CC BY-NC-SA
#15: Körper, Kopf, Papier – wie Bewegung beim Schreiben hilft
Ein Blick auf den Schrittzähler des Smartphones offenbart, was wir schon vermuten: In den vergangenen Wochen haben wir uns weniger bewegt. Diese Erkenntnis sollte uns Schreibende aufschrecken, weil Bewegungsmangel unsere Kreativität beeinträchtigen kann.
Das Phänomen, dass wir uns weniger bewegen, betrifft nicht nur notorische Stubenhocker, sondern auch sportliche Menschen. Es fehlt uns die Alltagsbewegung, insbesondere wenn der Arbeitsweg nur noch aus zehn Schritten vom Schlafzimmer zum Küchentisch besteht. Etwas Yoga nach dem Aufstehen oder vor der Arbeit spazieren zu gehen hilft uns nicht nur, durch Rituale den Tag zu strukturieren und unsere Motivation zu steigern, sondern fördert direkt die Fähigkeit zu denken und damit zu schreiben.
Bewegung für mehr Ideenreichtum
Auf dem Weg vom ersten Gedanken zum fertigen Text verbinden und überlagern sich vielfältige gedankliche Prozesse. Schreiben involviert einerseits sogenanntes konvergentes Denken: logische, stringente, lineare, ordnende Prozesse – etwa um unsere Gedanken nachvollziehbar zu strukturieren. Andererseits kommen wir nicht ohne divergentes Denken aus, das uns eine unsystematische, experimentierfreudige Annäherung an eine Frage ermöglicht und Bedingung dafür ist, neue Ideen zu entwickeln. Verschiedene Studien konnten einen positiven Effekt von Bewegung auf das divergente Denken zeigen: Es fällt Menschen leichter, Ideen zu entwickeln, wenn sie sich vorher bewegt haben. Diese Studien bezogen sich auf Bewegung im aeroben Bereich, Bewegung also, die unsere Atmung beschleunigt, ohne dass wir ins Keuchen kommen. Aus diesen Befunden lässt sich die Empfehlung ableiten, beispielsweise vor einem Brainstorming erst einmal eine halbe Stunde zu joggen.
Diese Empfehlung mag zwar Joggerinnen und Jogger erfreuen, sie zu befolgen ist aber kaum für uns alle vor jeder kreativen Aufgabe möglich. Marily Oppezzo und Daniel Schwartz von der Stanford Graduate School of Education haben sich deshalb gefragt, ob auch weniger intensive Bewegung wie Spazieren die Kreativität steigert und ob dieser Effekt schon während des Bewegens einsetzt. In einer Serie von vier Experimenten ließen sie Probandinnen und Probanden auf dem Laufband oder draußen spazierend und sitzend über kreative Verwendungen von Alltagsgegenständen nachdenken. (Als kreativ gilt dabei, was sowohl neu als auch sinnvoll ist.) Dabei zeigte sich, dass spazierende Menschen kreativer sind als sitzende und dass dieser Effekt über die Bewegung hinaus anhält. Wer also erst spaziert und dann im Sitzen Ideen entwickelt, ist kreativer, als wer nur sitzt. Einen Kreativitätsbonus können andere Studien auch für Bewegungen auf der Mikroebene feststellen. Insbesondere fördert Schreiben mit Stift und Papier den Ideenfluss.
Empfehlungen
Dies alles zeigt: Schreiben ist gerade keine rein geistige Tätigkeit, die wir ausschließlich still und an unserem Schreibtisch sitzend ausführen. Ein ganzheitlicher Blick auf das Schreiben erlaubt uns, nicht nur seine räumlichen, sozialen und kommunikativen Dimensionen zu erkennen, sondern legt offen, dass gedankliche und körperliche Aktivität miteinander verknüpft sind. Um Ihre Gedanken und Ihr Schreiben in Schwung zu bringen, können folgende Tipps zielführend sein: Gehen Sie, um Gedanken zu entwickeln, spazieren, bei Hamburger Schietwetter oder Zeitmangel gern auch in der eigenen Wohnung. Gedanken sind flüchtig, zeichnen Sie sie deshalb schnellstmöglich auf. Über die Sprachaufnahmefunktion Ihres Smartphones können Sie einen kreativen Dialog mit sich selber führen und direkt digital festhalten. Dabei besteht auch weniger die Gefahr der Selbstzensur als bei schriftlichen Notizen. Setzen Sie Kreativtechniken wie Freewriting oder Clustering wenn möglich handschriftlich um. Verbringen Sie Ihre Pausen aktiv, nicht nur um Schulter- und Nackenverspannung vorzubeugen. Bewegung bringt Sie vorwärts – auch beim Schreiben.
Text: Lukas Musumeci
CC BY-NC-SA