BMBF-Konferenz "Hochschulen im digitalen Zeitalter"
27. September 2017
Foto: UHH/Schultes
Digitalisierung ist seit vielen Jahren Kernthema deutscher Hochschulen, Bildung und Lehre findet vielfach längst auch unter Einsatz digitaler Medien in den Seminarräumen und Hörsälen statt. Um den Prozess der Entwicklung digitalen Lehrens und Lernens begleiten zu können, sieht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) es als essentiell an, gesichertes Wissen zu Erfolgsfaktoren und Nutzen digitaler Bildung zu gewinnen und hat mit einer neuen Förderlinie -„Forschung zur digitalen Hochschulbildung“ - zahlreiche Projekte (https://wihoforschung.de/de/forschung-zur-digitalen-hochschulbildung-619.php ) benannt, die dieses Thema in der Breite erforschen.
TeilnehmerInnen: Toni Gunner, Katharina Föste, Konstantin Schultes, Tobias Steiner
Digitalisierung ist seit vielen Jahren Kernthema deutscher Hochschulen, Bildung und Lehre findet vielfach längst auch unter Einsatz digitaler Medien in den Seminarräumen und Hörsälen statt. Um den Prozess der Entwicklung digitalen Lehrens und Lernens begleiten zu können, sieht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) es als essentiell an, gesichertes Wissen zu Erfolgsfaktoren und Nutzen digitaler Bildung zu gewinnen und hat mit einer neuen Förderlinie -„Forschung zur digitalen Hochschulbildung“ - zahlreiche Projekte (https://wihoforschung.de/de/forschung-zur-digitalen-hochschulbildung-619.php ) benannt, die dieses Thema in der Breite erforschen.
Die durch das BMBF am 03. und 04. Juli in Berlin ausgerichtete Fachkonferenz "Hochschulen im
digitalen Zeitalter" bot die Möglichkeit, sich mit den ausgewählten Förderprojekten auszutauschen.
Zudem richtete sich die Konferenz darüber hinaus an Vertreter der Hochschulverwaltung, des
Forschungsdatenmanagements, an Studierende sowie die interessierte Fachcommunity. Insgesamt versprach
die Tagung einen Einblick in die Forschung zu aktuellen Ansätzen und Formaten der fortschreitenden
Digitalisierung, zusätzlich wurden Trends und neue Paradigmen in Didaktik und Technik vorgestellt und
diskutiert.
Da die Digitalisierung von Lehren und Lernen in zahlreichen Ausprägungen auch in den
verschiedenen Arbeitsbereichen des Universitätskollegs - von der Entwicklung von SelfAssessments und
Digitalisierungschancen im Kontext Willkommenskultur zur Awarenessschaffung bis hin zur wiss.
Wirksamkeitsforschung - eine bedeutende Rolle spielt, war das Universitätskolleg mit vier
Vertreter*innen der jeweiligen Bereiche vor Ort.
Programm 03. Juli 2017:
Begrüßung „Hochschulen im digitalen Zeitalter“ - Eröffnungsrede der Tagung (Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin)
Fünf Thesen und Herausforderungen stellte die Staatssekretärin vor:
1. "Die Digitalisierung der Hochschulen ergibt sich nicht von allein." Hierbei werde erwartet, "dass absehbar jede Hochschule ihre Digitalisierungsstrategieerarbeitet."
2. "Digitalisierung der Hochschulen ist kein Selbstzweck. Sie muss auf eine digitale Welt vorbereiten. Sie kann die Lehre verbessern sowie Austausch und Mobilität erhöhen.“
3. "Mit Hilfe der Digitalisierung können die Hochschulen neue Zielgruppen erreichen. Dabei müssen wir die digitale Spaltung verhindern.“
4. "Hochschulen brauchen gute Rahmenbedingungen für digitale Forschung und Lehre.“
5. "Damit Digitalisierung gelingt, brauchen wir Impulse aus der Forschung."
Die vollständige Rede ist abrufbar unter:
https://bmbf.de/de/hochschulen-im-digitalen-zeitalter-4436.html
Keynote I: Eine didaktische Perspektive (Dr. Diana G. Oblinger, EDUCAUSE President Emeritus, USA)
Die Technik wird immer "smarter", ihre Anwendungen werden immer intelligenter - doch welche
Konsequenzen resultieren daraus für Wissenschaft und Bildung? Dr. Oblinger diskutiert in ihrer Keynote
das Dilemma zwischen Anspruch nach Stabilität ("We are homomorphic, there is a tendency to not accept
things getting smarter") und Wunsch nach Innovation. Im Umgang mit digitalen Medien erfordert es daher
einen Paradigmenwechsel: "From data processing to knowledge processing", denn der technologische
Wandel - so ihre Hypothese - wird unvermeidlich auch zu einem Wandel des Wesens von Bildung führen
("technological change will change the substance of education"). Zudem ist auch von einer nachhaltigen
Veränderung der Forschungslandschaft an sich ist auszugehen, so beobachtet sie, dass
Crowdfunding-Modelle bereits jetzt in der Forschungsfinanzierung ein großes Wachstum verzeichnen (vgl.
experiment.com).
Sie resümiert, dass die Potentiale der Digitalisierung bei weitem noch nicht
erschöpft sind und wir tatsächlich noch am Anfang einer radikalen Entwicklung stehen. Die sinnvolle
Integration der Möglichkeiten, die sich uns zukünftig bieten, bedarf jedoch bereits jetzt des
Umdenkens und einer grundlegenden Prüfung, aber auch der notwendigen Offenheit gegenüber Veränderungen
die dazu im Stande sind, Bestehendes und Tradiertes grundlegend in Frage zu stellen.
Keynote II: Eine technologische Perspektive (Prof. Dr. Jürgen Handke, Institut für Anglistik und Amerikanistik, Philipps-Universität Marburg)
Prof. Dr. Jürgen Handke hat in Begleitung seines humanoiden Roboters Nao zunächst verdeutlicht, welche verschiedenen Stufen der Digitalisierung typisch für die derzeitige Hochschullehre sind. Ganz hoch im Kurs stehen die PDFisierung und die Anreicherung - das Ziel ist neben der Anreicherung zur Inhaltsvermittlung per Frontalunterricht auch die Integration zur Inhaltsvertiefung, z.B. per Lernplattformen mit interaktiven Medienelementen. Eine Methode ist dabei der Gebrauch von Flipped Classroom; nicht nur in der Schule, sondern auch in der Hochschule. An der Universität Marburg wird dabei ein Inverted Classroom Mastery Model erprobt, welches E-Assessment und Live-Voting integriert.Neben dieser Methode hat Prof. Dr. Jürgen Handke ein neues zeitliches Modelleingeführt, das FLOCK-Model. Hier werden die üblichen Semesterwochen aufgeteilt in ein neues zeitliches Konstrukt: statt einer 7-Tage-Taktung werden die Inhalte in einer 3- oder auch 5-Tages-Taktung gestaucht. So kann die Prüfung schon viele Wochen im Voraus stattfinden und das Arbeitspensum für den Studierenden zum Ende des Semesters wesentlich entlasten. "The future is already here!" - so schließt Prof. Dr. Jürgen Handke seine Keynote mit einem Blick auf sein KI-Projekt H.E.A.R.T. - Humanoid Emotional Assistant Robots for/in Teaching ab. Roboter Nao hat im Anschluss sein Können unter Beweis gestellt, stand für Selfies bereit und schätzte per Augenkontakt auf charmante Art und Weise das Alter und Geschlecht des Gegenübers.
Workshops für alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, AvH 1–2 - (parallel:Förderlinien-Cluster)
Impuls I -- Selber lernen oder belehrt werden – Adaptive Lern- und Prüfungsumgebungen (Prof. Dr. Niels Pinkwart, Humboldt-Universität zu Berlin)
Impuls II -- Das Lernen von Morgen – Interaktivität und Multimedialität digitaler Lernumgebungen (Prof. Dr. Claudia Leopold, Universität Fribourg)
Impuls III -- Erfahren, Erforschen, Lösen – Die Verbindung von Theorie und Praxis in digitalen Lernumgebungen (Prof. Dr. Bernhard Schmidt-Hertha, Eberhard Karls Universität Tübingen)
Berichte aus den Workshops - Rapporteure aus den geförderten Projekten und Impulsgebende; Einordnung aus Sicht der Studierenden und des BMBF
Programm 04. Juli 2017:
Begrüßung
Keynote III: Aspekte der Digitalisierung an Hochschulen – Umsetzungsstand und Entwicklungspotenzial (Dr. Muriel Helbig, Fachhochschule Lübeck)
Keynote IV: Die Digitalisierung der Hochschulbildung – Internationale Trends, Herausforderungen und Chancen (Johannes Heinlein, edX)
Practitioners’ Workshop I - Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei der Internationalisierung der Ausbildung an Hochschulen (Impulsgeber Christian Müller,DAAD / Vincent Zimmer, Kiron gGmbH)
Internationalisierung und Digitalisierung zusammendenken - wie wird dies zukünftig aussehen? Kann
Digitalisierung Internationalisierung ergänzen oder muss nicht die Internationalisierung im Kontext
Digitalisierung komplett neu gedacht werden? Hierzu wurde im Workshop kontrovers diskutiert. Fest
steht, dass der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) Digitalisierung künftig stärker
priorisieren wird, beispielsweise bei der Entwicklung neuer Förderprogramme, in denen das Thema
zentral platziert bzw. ein Kriterium bei der Förderentscheidung sein kann. Bisher geförderte Projekte
zur propädeutischen und sprachlichen Vorbereitung und Betreuung internationaler Studierende
(CeDis-Projekt Open Distributed Campus), tutoriell begleiteter Deutschunterricht im
Blended-Learning-Format (DUO) und propädeutische Module zur Sprachvorbereitung (Erasmus+) wurden
vorgestellt.
Im zweiten Teil des Workshops präsentierte Vincent Zimmer, Mitbegründer von Kiron,
das Konzept der Kiron University. Kiron ist eine Online-Universität für Geflüchtete, die in
Deutschland studieren möchten. Das Studium erfolgt nahezu ausschließlich mit MOOCs, die in Kooperation
mit Hochschulen weltweit angeboten werden. Das Studienmodell der Kiron University sieht dabei wie
folgt aus: Das Studium startet mit einem Studium Generale, im zweiten Jahr erfolgt die fachliche
Spezialisierung für einen der angebotenen Studiengänge (Business and Economics, Computer Sciences,
Engineering, Social Work, Political Science). Parallel wird sprachliche Qualifizierung angeboten. Für
das dritte und vierte Studienjahr wechseln die Studierenden unter Anrechnung von Leistungen der ersten
beiden Studienjahre an eine staatliche Partnerhochschule von Kiron, an der sie das Studium fortführen
und einen Studienabschluss erwerben können. Kiron stellt damit einen Lösungsansatz dar, die Barrieren
in der Hochschulbildung für Geflüchtete zu überwinden. Aufgrund der MOOC-basierten Lehre arbeitet die
Kiron University dabei in Netzwerken u.a. zu den Themen best practice in online-basierter Lehre, der
Anrechenbarkeit von online erworbenen Leistungen und der konzeptionellen (Weiter-)Entwicklung von
Online-Curricula.
Practitioners’ Workshop II - Was wird die digitale Entwicklung an den Hochschulen bewirken? Unter welchen Voraussetzungen findet erfolgreiche Entwicklung statt? (Impulsgeber J. Philipp Schmidt, MIT Media Lab / Dr. Axel Göldner, Swisscom)
Herr Schmidt, Direktor vom "Learning Innovation" am MIT Media Lab hat hier als Erster etwas visionär
gezeigt, was möglich ist, wenn nahezu unbegrenzte Finanzen und eine 30-jährige Expertise
zusammentreffen. Das MIT ist nicht ohne Grund das Vorzeigemodell für Innovationen in der
Digitalisierung (z.B. Blockcerts, blockchain, MIT Refugee Learning Accelerator). "Innovationen finden
am Rand statt" ist hier eine große Aussage. Neue Ideen sollten herausgebracht und angewandt werden,
das reine Forschen ist zwar nötig, aber es muss darüber hinausgehen – aus dem bekannten "Publish or
Perish" wird das Motto "Demo bzw. Deploy or Die".
Um zu zeigen, wie divers manche Themen in
diesem Zusammenhang sind und um die Zuhörer auch einmal neben den Kaffeepausen von ihren Stühlen zu
holen animierte Herr Schmidt einmal zur aktiven Teilnahme an einem lebenden Spektrogramm. Er äußerte
eine diverse und provokante These und bat, sich auf einer gedachten Linie einzuordnen - rechts für
Zustimmung, links für Ablehnung, auch Zwischenpositionen waren akzeptiert.
So interviewte Herr
Schmidt die Teilnehmer nach ihren Beweggründen ihrer Position auf der Linie. Da es sich um ein
lebendes Spektrogramm handelte, stand es den Beteiligten jederzeit frei, den Standort zu verändern,
wenn sie durch Aussagen mancher Befragter umgestimmt oder überzeugt wurden. Nach einigen dieser
lebhaften Runden ermunterte Herr Schmidt, einmal selbst Aussagen zu verfassen. Diese wurden gesammelt
und später in den Berichten aus den Workshops konzentriert vorgestellt. Herr Göldner hatte im
Vergleich dazu einen anderen Blick aus seiner Arbeit mit Swisscom und vorher 1&1 Internet AG auf
das Thema Digitalisierung.
Practitioners’ Workshop III - Digital geht nicht mehr weg – Wie gehen Hochschulverwaltungen mit Daten und Datensicherheit um? (Impulsgeber Jan Gerken, Universität Erfurt /Kanzler*innenvereinigung / Prof. Dr. Gudrun Oevel, Universität Paderborn)
Berichte aus den Workshops - Diskussion mit Publikum